Störende Verlagerungen von GPS-Weg-Punkten infolge Mehrwegeempfang

Stand 16.04.2023

Eine der wesentlichsten Anwendungen eines GPS-Loggers

ist das Festhalten einer zurückgelegten Tour in einer Log-Datei, um sie danach als Track oder zumindest als Pfad, der den zurückgelegten Weg beschreibt, in z. B. Google Earth oder Google Maps darzustellen. Der Pfad entsteht dort als eine Linie, die sich aus den Verbindungslinien (bezogen auf den wahren Verlauf sind dies somit fast immer Sehnen) zwischen den aufeinanderfolgenden Positionen des GPS-Logs zusammensetzt. Wenn diese Positionen nicht sogar durch an den Wegpunkten angebrachte Icons gekennzeichnet sind, kann man zumindest viele von ihnen als Knickpunkte des Verlaufs erkennen.

Trotz aller Sorgfalt beim Starten des Loggers sowie bei dessen Unterbringung und Ausrichtung während der Tour kommt es sehr oft zu auffälligen Abweichungen der im Log aufgezeichneten Positionen der Pfadpunkte gegenüber den wahren Positionen – in der Art, dass bei deren Darstellung in Google Maps oder Google Earth

  • die Pfadpunkte bzw. die Pfadlinie gegenüber dem wahren Verlauf über längere Wegstrecken hinweg nach ein und derselben Wegseite oder auch in unregelmäßiger Folge zwischen beiden Seiten wechselnd seitlich versetzt sind

oder

  • – hier nicht weiter betrachtet – während eines Aufenthalts die Punkte eine mehr oder weniger weitläufige Punkte-"Wolke" bilden, sodass die Pfadlinie das Aussehen einer Zickzacklinie annimmt: Die Punkte scharen sich unregelmäßig über viele Meter verteilt um eine mittlere Position gleich der wahren Position des GPS-Geräts; in der Nähe eines stärker reflektierenden Hindernisses nimmt die Wolke oft auch eine in die Länge gestreckte Gestalt an.

Auf Einzelheiten hierzu und zu einfachen Untersuchungsmöglichkeiten ist im Eintrag "Beobachtungen an Daten aus GPS-Loggern und GPS-Geräten" eingegangen.

Beispiel-Track mit verlagerten Trackpunkten

Aufgrund des in den oben genannten Einzelheiten dargestellten Zustandekommens der Verlagerung von Trackpunkten durch den Einfluss von Hindernissen und reflektierenden Objekten bestehen Abhängigkeiten der Richtung und Größe der entstehenden Verlagerungen von der Lage der Objekte bezüglich der Logger-Position. Somit entsprechen die Verlagerungen innerhalb eines Wegverlaufs denen der zu ihm gehörenden Trackpunkte – es sind sämtliche Richtungen möglich.

Die beiden unten nachfolgenden Google-Earth-Bilder 1 und 2 mit dem Ausschnitt aus einem Trackverlauf mögen das veranschaulichen. Der dargestellte Track gehört zu einem Log von Mitte September 2012, das bei einem Gang entlang des Bürgersteigs an der Nordostseite des Passeig de Gràcia im Stadtteil Eixample von Barcelona aufgezeichnet wurde, einem beiderseits der Fahrbahnen etwas unregelmäßig mit Bäumen bestandenen Boulevard. Der Logger, ein "WPL–2000" (Wintec, Taiwan – abgekündigt, zusammen mit dem baugleichen NL-457DL bei Navilock) mit einem (modifizierten) u-Blox-5-Chipsatz, befand sich dabei in einer Rucksack-Deckelklappe, also in einer etwas (besonders nach vorn) eingeschränkten Empfangssituation.

Die besondere bauliche Struktur – Grundriss: streng regelmäßige Carrees aus quadratischen Gebäude-Blocks mit abgeschrägten Ecken, 113 * 113 Meter zwischen 20 m breiten Straßen, somit in einem Raster 133,5 m (siehe Wikipedia.de: Eixample (Barcelona) – Entstehungsgeschichte) – lässt die Auswirkungen der Mehrwege-Einflüsse besonders deutlich hervortreten. Der Wegverlauf war, abhängig vom Passantenstrom, dennoch weitgehend geradlinig – soweit er nicht den Fußgänger-Überwegen folgte, die dort liegen, wo sich die Abschrägungen zu den einmündenden Straßen verengen.

Zur Beurteilung der Empfangssituation sind einige Darstellungen in [ITU_681-11] hilfreich. Die dortigen Bilder 6 (Seite 12) und 7 (Seite 13) veranschaulichen grafisch für dieser Situation entsprechende Straßenschluchten und für typische Kreuzungsbereiche (Bild 5, Seite 10) die sich einstellenden Bereiche (Elevation über Azimut), aus denen ein direkter Empfang von Satellitensignalen durch die Bebauung unterbunden ist 1.

Bild 1: GPS-Track entlang des Passeig de Gràcia

Bild 2: "Quelle: xxx m" – Höhenangabe aus dem GPS-Log-File
 
Koordinaten der Mitte von Bild 1:
  41°25’50“ N, 2°10’01“ E
 
Zum Vergrößern Klick auf die Bilder

In den beiden voranstehenden Bildern dienen Icons der Hervorhebung der Trackpunkte: im Bild 1 in Gestalt von Pfeilen, im Detailbild Bild 2 als Quadrate mit Höhenangabe aus dem GPS-Log und Uhrzeit im Label. Gelogt wurde mit "Distanz = 10 m".

Leider sind vom "WPL–2000" bedingt durch die Auslegung der Geräte-Firmware weder Positionen (Elevation, Azimut) noch SNR-Werte der Satelliten erhältlich. Da bei diesem einfachen Loggen die wahren Positionen der Trackpunkte unbekannt bleiben, sind Angaben zur Richtung der Verlagerungen nicht möglich (als eine Möglichkeit dem abzuhelfen wären – übrigens über diesen Logger hinaus – sekundengenau datierte, zeitsynchrone /"geogetaggte"/ Fotos bzw. Video-Bilder markanter Wegstellen denkbar). Am Trackverlauf wird beim Vergleich mit dem beschriebenen tatsächlichen Wegverlauf jedoch deutlich:

  • Beim Verlassen des Kreuzungsbereiches mit recht gutem Empfang sind zunehmend mehr Satelliten von Abschattungen betroffen, zunächst, wegen des größeren Erhebungswinkels der direkt angrenzenden Bauwerke, die links des Wegs gelegenen, dann auch die rechtsseitigen.
  • Aus dem Ausweichen des Trackverlaufs nach rechts kann auf die Bestätigung dafür geschlossen werden, dass am Logger Signale von linksseitigen Satelliten eintreffen, die aufgrund ihres Wegs über die Fronten der rechtsseitigen Bauwerke größere Entfernungen des Loggers von diesen Satelliten vortäuschen.
  • Im rechten Bild variieren die Distanzen der Logpunkte (Vorgabe in den Log-Einstellungen: 10 m – siehe oben) zwischen 9,6 m (gelbe Maßlinie ab 10:13:18 Uhr) und 17,8 m (Distanz ab 10:13:07 Uhr). Das lässt auf längs des Weges gerichtete Anteile in den Verlagerungen schließen.
  • Erwartungsgemäß sind die vom Logger ermittelten Höhen ebenfalls beträchtlichen Schwankungen unterworfen – allein auf dem Ausschnitt im rechten Bild innerhalb einer Teilstrecke von 90 m zwischen 115 und 54 m – bei ebenem Wegverlauf.
  • Im Ergebnis der Verlagerungen sind zwei ausgewählte Trackbögen aus 33 Distanzen mit insgesamt 380 m (ab – hier nicht angezeigt – 10:12:32 Uhr; etwa Mitte bis untere rechte Ecke des linken Bildes; idealerweise 33 x 10 m = 330 m) um 90 m länger als ein zugehöriger aus geraden Teilstrecken zusammengesetzter Verlauf.

Auf die folgenden besonders oft anzutreffenden – typischen – Empfangssituationen bei der Benutzung eines GPS-Loggers durch Fußgänger sei noch hingewiesen:

  • Der Logger befindet sich unmittelbar am Körper – näheres hier
  • Den Logger treffen am Boden reflektierte GPS-Signale – siehe hier
  • Der Benutzer befindet sich innerhalb eines Fahrzeugs – beschrieben hier

Auswirkungen der Verlagerungen von Trackpunkten

Weitere aus den Verlagerungen herrührende Auffälligkeiten – neben der Verfälschung des berechneten Tempos zwischen den betroffenen Trackpunkten und den schon genannten unregelmäßigen Schwankungen der Höhenangabe – betreffen die aus den Trackpunkt-Koordinaten berechneten Entfernungen und die Lage der Foto-Icons bebilderter GPS-Tracks.

Auswirkung der Verlagerungen der Trackpunkte bei der Entfernungsberechnung

Nicht selten wird in GPS-Loggern die zurückgelegte Entfernung dreidimensional berechnet. Fehlerbedingte Änderungen der Höhenangaben haben dann zu große Werte der berechneten Strecke zur Folge. Beim Loggen als Fußgänger oder Fahrzeugbenutzer kann das unter Anwendung von Auswerteprogrammen vermieden werden, indem in Anlehnung an die einfache Kartenentfernung bei der Berechnung der zurückgelegten Strecke in Gestalt der Summe der Trackpunktabstände auf die Vertikalrichtung verzichtet wird. Dann läuft diese Berechnung auf einfache Berechnungen der Hypothenuse ebener rechtwinkliger Dreiecke hinaus. Jedoch bedeutet jede seitliche Richtungsänderung gegenüber dem wahren Verlauf immer einen fälschlichen Beitrag, der die so berechnete Gesamtstrecke unerwünscht verändert, meistens vergrößert. Hier sind ausgeklügelte Tools anwendbar, die den Wegverlauf einer Glättung unterziehen oder zumindest bei der Entfernungsberechnung regelmäßig eine bestimmte vorgebbare Anzahl von Logpunkten überspringen. Beides kann zum Abschneiden von Ecken führen und so sogar eine kürzere Gesamtstrecke vortäuschen, wobei von Fall zu Fall abzuwägen wäre, welcher Fehlerbeitrag der kleinere ist.

Auswirkung der Verlagerungen der Trackpunkte auf die Foto-Icons bebilderter GPS-Tracks

Üblicherweise, so auch beim "Storyish PC Tool", beruhen die Koordinatenwerte der Foto-Icons auf der Synchronität zwischen den Zeitangaben der Trackpunkte im GPS-Log und den Aufnahmezeiten der Fotos. Abhängig vom zugrundeliegenden Modus sind es die Koordinaten des zeitlich nächstbenachbarten Trackpunktes oder die einer auf Interpolation beruhenden Position zwischen den beiden benachbarten Trackpunkten. Wegen dieser Zuordnung sind somit die Foto-Icons ebenfalls voll von den Verlagerungen der Trackpunkte betroffen.

Ein Effekt dieser Art kann dann eine auch übliche Methode vereiteln, die Kamerazeit-Eintragung in Gestalt einer für die Aufnahmezeit aller Fotos wirksamen additiven Korrektur so zu justieren, dass in der Karte/im Satellitenbild ein Foto-Icon genau mit dem bekannten Punkt des Fotos auf der Tour übereinstimmt: Zum einen erschwert ein Fehler dieses Logpunkts eine derartige Justage. Zum anderen würde er die Lage all jener Foto-Bildchen verfälschen, die zu eigentlich korrekten Logpunkten gehören. Bei der Wahl solch eines Bezugspunktes wäre also auf eine Umgebung mit möglichst wenigen reflektierenden Objekten zu achten.

Verweise

[ITU_681-11]  Recommendation ITU-R P.681-11, “Propagation data required for the design of Earth-space land mobile telecommunication systems”, 2019 – Download-Link: https://www.itu.int/dms_pubrec/itu-r/rec/p/R-REC-P.681-11-201908-I!!PDF-E.pdf


Klaus Dannowski – Klaus‘ GPS-Ecke
O1.12.2O11

"Disturbing displacements of GPS track points due to multipath"